Milch mit Honig (Kurzgeschichte)
„Hatschi“, machte ich und erschrak damit meine Schwester, die bis dahin seelenruhig ihre Hausaufgaben gemacht hatte. „Mensch, musst du mich so erschrecken?“, blaffte sie mich an. „Tut mir leid!“, zischte ich mit sehr nasaler Stimme. Wie ich Erkältungszeit doch hasste, nicht auszuhalten. Aber echt kein Wunder, wenn die halbe Schule krank war, dass es mich nun auch erwischt hatte. „Willst du nicht doch mal einen Tee trinken?“, fragte mich meine Schwester, diesmal mit liebevoller Stimme. „Ach ne, du weißt doch, ich mag Tee nicht. Ich mache mir lieber eine heiße Honig-Milch.“ – „Naja, wenn du meinst. Ich will nur nicht auch noch krank werden!“, sagte sie in einem leicht beleidigten Ton. Ich lächelte sie an, strich ihr über ihre Haare und holte mir eine Tasse aus dem Schrank. „Willst du auch eine Tasse Honig-Milch?“, fragte ich, damit sie nicht mehr beleidigt war. Sie hob ihren Blick, guckte auf die Uhr und meinte: „Okay, ich bin sowieso gleich fertig. Danke!“ Ich grinste in mich hinein, einerseits, weil ich wusste, dass sie nun definitiv nicht mehr beleidigt war, und andererseits, weil ich schon eine halbe Ewigkeit keine Honig-Milch mehr getrunken hatte, und mich nun wahnsinnig darauf freute. Wäre ich nicht erkältet gewesen, hätte das ein perfekter Abend sein können, doch stattdessen trug ich abertausende Taschentücherpackungen mit mir spazieren. Krank zu sein, ist echt anstrengend. Meine Güte, wie ich mich auf mein Bett freute, echt unglaublich! Nachdem ich die beiden Tassen Honig-Milch fertig zubereitet hatte, und meiner Schwester ihre Tasse gegeben und – gegen ihren Willen – einen Gutenachtkuss aufgedrückt hatte, ging ich in mein Zimmer und fiel todmüde ins Bett, ganz in der Hoffnung, am nächsten Tag wieder gesund zu sein.
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