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5 Fakten über AFD-Wählende und ihre Beweggründe

◷ Geschätzte Lesedauer: 3 Minuten

Die Europawahl ist jetzt eine Woche her. Und seit einer Woche fragen sich viele Menschen: Warum hat die AFD so viele Stimmen erhalten?

Für mich selbst war es auch ein Rätsel. Also habe ich in meiner Community um anonyme Antworten geben, um zu verstehen, was Menschen dazu bewegt, AFD zu wählen.

Für mich war es bis dato unbegreiflich, dass Menschen keine sozial gerechtere Gesellschaft und eine Politik wollen könnten, die das Klima schützt. Und ich habe mich gefragt, was die Ampel-Regierung so falsch gemacht habe, dass man auf die Idee kommt, die AFD löse die Probleme besser. Denn mir fielen nur Probleme ein, die die AFD schlimmer machen würde: Patriarchat, Frauenfeindlichkeit, Klimakrise, soziale Ungerechtigkeit, Rassismus, Ableismus & Co.

Die Antworten haben mich allerdings teils zum Nachdenken gebracht.

Und ich musste zweierlei feststellen:

1️⃣ Meine Lebensrealität und alltäglichen Herausforderungen sind anders als die der Leute, die mir geantwortet haben und die AFD wählen. (Erkenntnis eigener Privilegien = Check ✅)

2️⃣ Die AFD-wählenden Menschen sprechen Probleme an, die meines Erachtens aber eigentlich ganz andere Ursachen haben. Zum Beispiel: Ganz oft sind nicht ausländische Männer das eigentliche Problem, sondern generell Männer, die patriarchal sozialisiert sind. (Erkenntnis struktureller Probleme = Check ✅)

Nach dieser Umfrage frage ich mich nun ehrlich: Wie können wir mit Menschen offen über ihre Ängste sprechen und gleichzeitig bspw. rassistische und antimuslimische Tendenzen kritisieren?

Ich würde mich wirklich sehr über eure respektvollen und konstruktiven Kommentare freuen!


Aus 29 Antworten habe ich folgende Gründe, die mehr als 1x genannt wurden, herausgearbeitet und sortiert nach Häufigkeit aufgelistet:

  • Angst vor Kriminalität (durch Migras): 15
  • Angst vor radikalem Islam / Islamismus: 13
  • Migration regulieren: 8
  • Existenzsorgen: 7
  • Unzufriedenheit mit Regierung: 5
  • Abschiebungen bei Kriminalität: 4
  • Queer-/Transfeindlichkeit*: 4
  • gegen Vergewaltigungen: 4
  • gegen Krieg: 3
  • Überzeugt von AFD: 2
  • Steuergelder für eigenes Land: 2
  • „scheinbar sind jetzt alle Nazis“: 2
  • bisher schlechte Integrationspolitik: 2
  • „war demokratische Entscheidung“: 2
  • Grüne seien Pädophile: 2
  • einfache Lösungen der AFD: 2

* Anmerkung: „Queer-/Transfeindlichkeit“ ist meine Interpretation der Antworten. Die Personen sprachen in dem Fall vom Erhalt der traditionellen Familie, dass sie gegen das Gendern seien, dass Gendern unwichtig sei und die Politik Familien zerstören würde.

Aus diesen Gründen habe ich folgende Fakten über AFD-Wählende und ihre Beweggründe abgeleitet:

 

Fakt Nr. 1:

AFD-Wählende haben ebenso Ängste und Sorgen wie ich.

Und nur weil sie unterschiedlich sind, sind weder unsere noch ihre weniger oder mehr Wert. Jede Angst und jede Sorge sollte ernst genommen, aber gleichzeitig kritisch reflektiert werden. Denn nicht jede Angst ist begründet oder vorurteilsfrei.

Fakt Nr. 2:

Ihre größten Ängste beziehen sich auf Migrant:innen & Islamist:innen.

Sie fürchten sich vor Kriminalität durch Migrant:innen, sie fürchten sich vor dem radikalen Islam, sie fürchten sich vor unkontrollierter Migration. Ihre Wahrnehmung ist, dass die Regierung nicht angemessen gegen diese Bedrohungen vorgeht. Die AfD wird als Partei gesehen, die das besser verstanden hat und die Menschen im Land verteidigen will. Zudem sehen einige die AFD als einzige Partei, die Probleme wie Messerangriffe und Gewalt durch Migrant:innen offen anspricht und Sicherheitslösungen bietet, während andere Parteien diese Probleme ignorieren oder herunterspielen.

Fakt Nr. 3:

Sie sind frustriert.

Vielen haben von ihrem Frust über politische Versprechungen und ihre Enttäuschung über die aktuelle Regierung gesprochen, die ihrer Meinung nach viele Versprechen nicht eingehalten haben (Bsp.: Energiewende und soziale Programme). Die AfD wird als eine Partei betrachtet, deren Programm zwar nicht perfekt, aber realistischer und näher an den tatsächlichen Möglichkeiten sei.

Fakt Nr. 4:

Viele politische und gesellschaftliche Themen entsprechen nicht ihrer Lebensrealität.

Die „linksgrünen Themen“ seien zu extrem geworden – insbesondere in Fragen wie Klimapolitik und Genderthemen. Sie wollen traditionelle Familienwerte und Geschlechterrollen bewahren und lehnen Genderpolitik und die Legalisierung von Abtreibungen ab. Wählende sehen in der AfD eine Alternative, die diese Anliegen repräsentiert und sich zudem auf „reale Probleme“ (siehe Fakt Nr. 2) fokussiert.

Fakt Nr. 5:

AFD-Wählende sorgen sich um ihre Existenz.

Viele haben starke Kritik an der wirtschaftlichen und sozialen Politik der aktuellen Regierung geübt, insbesondere im Umgang mit Steuergeldern und Sozialleistungen. Die AFD wurde als Partei gesehen, die die wirtschaftlichen Interessen der Bevölkerung besser vertrete und finanzielle Hilfen stärker auf die einheimische Bevölkerung fokussiere.

Fazit:

Die Geschichten, die mir in meiner Umfrage erzählt wurden, waren teils wirklich herzzerreißend und auch augenöffnend für mich.

Gleichzeitig habe ich in vielen Antworten auch unterschwellig rassistische und antimuslimische Tendenzen herausgelesen, ebenso wie Queer- und Transfeindlichkeit. Zudem habe ich den Eindruck gehabt, dass die Ängste & Anliegen von linksgrünen Wählenden heruntergespielt wurden.

Was nun?

Ich muss zugeben: Ich weiß es nicht. Es ist schwierig, die unterschiedlichen Bedürfnisse, Ängste und Anliegen in Einklang zu bringen. Nicht nur für mich – auch für unsere Regierung. Ich glaube, kaum ein Mensch handelt vorsätzlich aus bösem Willen. Das wichtigste, was ich lernen durfte, ist, anderen weiterhin zuzuhören. Auch wenn ihre Probleme nicht meiner Lebensrealität und Überzeugung entsprechen. Wir sind alle Menschen und leben alle zum ersten Mal dieses Leben und wollen dabei möglichst gut bei wegkommen.

1 Kommentar
  1. Gregor Jungheim sagte:

    Interessant, dass bei den beiden am häufigsten genannten Gründen die Angst ganz vorne steht. Angstmachen ist allerdings keine Lösung für die Probleme unserer Zeit.

    Antworten

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