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Internationaler Frauentag oder feministischer Kampftag? – Darum ist er für Kirchen wichtig

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Lasst uns am heutigen Internationalen Frauentag über Feminismus reden!

Warum sollten wir am 8. März über Feminismus sprechen?

Die Landeszentrale für politische Bildung von Baden-Württemberg schreibt zur Bedeutung des Internationalen Frauentags folgendes:

„Seit 1911 feiern Frauen den ‚Internationalen Tag der Frauen‘, an dem weltweit auf Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam gemacht wird. Der Tag soll die bisherigen Errungenschaften der Frauenrechtsbewegung feiern und gleichzeitig die Aufmerksamkeit auf immer noch bestehende Diskriminierungen und Ungleichheiten richten. Und er will dazu ermutigen, sich für Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen.“

 

Inwiefern bestehen noch immer Diskriminierungen und Ungleichheiten?

„Wir sind doch alle längst gleicherechtigt!“, mag manch einer schreien. Ich empfehle an dieser Stelle aber wärmstens das gleichnamige Buch von Alexandra Zykunov (unbezahlte Werbung). Darin wird deutlich, wie tief die strukturelle Diskriminierung und Benachteiligung noch immer in unserer Gesellschaft verankert ist. Dies wird vor allem durch die sogenannten „Gendergaps“ deutlich.

„Gendergap“ bezeichnet in diesem Kontext laut Duden den signifikanter Unterschied zwischen den sozialen Geschlechtern im Hinblick auf Lebensbedingungen, Einkommen, Verhalten, Fähigkeiten, Interessen u. Ä.

Dazu zählen folgende Gendergaps:

  • Gender Pay Gap – Beim Gender Pay Gap wird zwischen „unbereinigt“ und „bereinigt“ unterschieden. „Unbereinigt“ bedeutet, dass der Gender Pay Gap am Bruttostundenlohn aller erwerbstätigen Männer und Frauen bemessen wird. „Bereinigt“ bedeutet, dass zur Berechnung strukturelle Faktoren (wie etwa Unterschiede bei Berufen, Beschäftigungsumfang, Bildungsstand) abgezogen werden.
    In 2022 verdienten Frauen demnach pro Stunde unbereinigt 18 % weniger als Männer und bereinigt 7 % weniger.
  • Gender Leadership Gap – Nur 29,4 % (ca. 1/3) der Führungskräfte in Deutschland sind weiblich.
  • Gender Pension Gap – Frauen erhalten in Deutschland ein rund 46 % geringeres Alterssicherungseinkommen als Männer. Der Grund für diesen hohen Unterschied ist das Gender Pay Gap und der Gender Leadership Gap.
  • Gender Lifetime Earnings Gap – Frauen hatten im Jahr 2016 ein um 49 % geringeres Gesamterwerbseinkommen im Lebensverlauf als Männer.
  • Gender Care Gap – Sorgearbeit beschreibt die Tätigkeiten des Sorgens und Sichkümmerns wie etwa Kinderbetreuung oder Altenpflege, aber auch familiäre Unterstützung, häusliche Pflege oder Hilfe unter Freunden. Frauen leisten rund 52 % mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Eine soziale Absicherung findet oftmals nur über bezahlte Arbeit statt.
  • Gender Data Gap – In Forschungen und Studien werden Frauen öfters ignoriert. Wissenschaftliche Daten sind seit Jahrhunderten zum größten Teil von Männer über Männer erforscht und gesammelt.
  • Gender Health Gap – Frauen werden auch gesundheitlich benachteiligt, oder sogar übergangen. So zum Beispiel bei Tests von Medikamenten, von denen über die Hälfte an männlichen Versuchsgruppen getestet werden, oder auch bei Symptomen von Krankheiten wie Herzinfarkt.

Quellen:
· unwomen.de: Gender Gaps in Deutschland
· wmn.de: Gender Gap
· destatis.de: Gender Pay Gap 2022
· antidiskriminierungsstelle.de: Lohnlücke
· bpb.de: Care-Arbeit

Nicht nur Frauen sind betroffen

Von diesen noch immer bestehenden Diskriminierungen und Ungleichheiten sind jedoch leider nicht nur Frauen betroffen. Denn im Patriarchat werden auch weitere Personengruppen unterdrückt und benachteiligt und zählen somit zu den weniger privilegierten Personen unserer Gesellschaft: FLINTA.

FLINTA steht laut „Women Engage for a Common Future“ für Frauen, Lesben, Inter, Non-Binary, Trans und Agender und ist der Versuch, einen Ausdruck für eine Personengruppe zu finden, die nicht cis männlich* ist.

* Männer, denen bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde und die sich damit identifizieren.

Darum spricht man auch häufig statt vom Internationalen Frauentag, der oft auf Blumen und nette Geschenke reduziert wird, auch vom feministischen Kampftag, weil es der ursprünglichen Bedeutung des Tages gerechter wird.

Warum ist der feministische Kampftag auch für Kirchen wichtig?

Ich glaube mittlerweile von ganzem Herzen, dass es Gottes Wunsch ist, dass Christinnen und Christen weltweit für eine gerechtere Welt einstehen und dadurch seine Liebe weitergeben. Weil Jesus selbst immer zu den weniger privilegierten Personen der Gesellschaft gegangen ist und ihnen Wert, Bedeutung und Berufung zugesprochen hat. Sie waren wichtig für ihn, wurden aber von den religiösen Eliten übersehen, die sich viel mehr ihrer eigenen Religiösität rühmten und sich darauf ausruhten.

So ähnlich wie wir es in Amos 5,23–24 lesen können:

„Lasst mich in Ruhe mit dem Lärm eurer Lieder! Auch euer Harfenspiel mag ich nicht hören! Vielmehr soll das Recht wie Wasser strömen und Gerechtigkeit wie ein Bach, der nie versiegt.“

Ich glaube, dass Gott es leid ist, zu sehen, wie Christinnen und Christen weiterhin aktiv oder auch passiv Systeme unterstützen sowie Rollenbilder reproduzieren, die Menschen weltweit schaden, benachteiligen und diskriminieren. Denn das hat absolut gar nichts mit seiner Liebe zu tun.

Darum betrifft der feministische Kampftag auch uns. Weil wir als gerechtigkeitsschaffende Vorbilder vorangehen und Gottes Liebe weitergeben sollten.

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