Umfrageauswertung: Sexuelle Gewalt & Missbrauch in Freikirchen sind KEINE EINZELFÄLLE
Am 8. Oktober 2024 wurde nun endlich die Auswertung der Online-Umfrage #dunkelhellziffer veröffentlicht, die vom 23.11.22–28.02.23 durchgeführt wurde und sexualisierte Gewalt im freikirchlichen Umfeld beleuchtet.
Durchgeführt und ausgewertet wurde die Umfrage von den Journalist:innen Daniel und Debora Höly. Die Umfrage ist laut dem Ehepaar „nicht repräsentativ im wissenschaftlichen Sinne für die gesamte Bevölkerung der Freikirchen“.
Insgesamt haben 6.744 Personen an der Umfrage teilgenommen. Davon sind 5.294 heutzutage dem deutschen freikirchlichen Umfeld zuzuordnen.
Das Ergebnis:
Von insgesamt 6.744 Personen, die an der Umfrage teilgenommen haben, waren 1.034 Personen BETROFFEN. 466 haben sogar berichtet, dass ihr:e TÄTER:IN aus freikirchlichem Umfeld stammt. (Zur genaueren Erläuterung der Zahlen, lest die Auswertung am besten selbst!)
Ich muss leider sagen, dass, obgleich die Auswertung einfach nur schockierend und traurig ist, ich null überrascht bin.
Warum bin ich nicht überrascht?
Ich mache meine Aufklärungsarbeit hier in dieser Form seit 2022 und spreche aus gutem Grund über meinen Freikirchen-Ausstieg und meine Missbrauchserfahrungen:
- Weil ich die Problematiken in vielen Freikirchen sehe und meine Augen nicht (mehr) davor verschlossen sind.
- Weil ich weiß, dass ich kein Einzelfall bin – auch wenn das gerne das Narrativ von manchen Freikirchler:innen ist.
- Und weil ich weiß, dass es ein strukturelles und auch theologisches Problem ist.
Im ergänzenden Artikel werden weitere wichtige Aspekte deutlich:
Risikofaktoren für sexuelle Gewalt in Freikirchen:
- familiäres und sehr dichtes Miteinander
- komplizierte Verhältnis zum Thema Sexualität
- Einsatz körperlicher Gewalt in der Erziehung
- Umgang mit dem Thema Gehorsam
- missbräuchlicher Umgang mit dem Thema Vergebung
- Machtgefälle zwischen Mann und Frau
- die Einstellung ‚Das gibt es bei uns nicht!‘
Freikirchen sollten sich Kritik im Hinblick auf ihre Lebensweise, Theologie und Umgang mit Macht gefallen lassen:
„Denn die Art und Weise, wie Kinder erzogen werden, der Stellenwert der Frau sowie die unhinterfragte Autorität geistlicher Leiter sind zumindest in Teilaspekten von der Theologie beeinflusst. Immer wieder schrieben Umfrageteilnehmer, dass körperliche oder sexuelle Gewalt mit Bibelversen legitimiert wurde, eine Übersexualisierung stattfand, während gleichzeitig Sexualaufklärung oft ausblieb.“
Täter-Opfer-Umkehr & Opfer werden zum Schweigen gebracht, um Imageschäden zu vermeiden:
„Immer wieder beschreiben die Betroffenen, wie ihnen die Schuld oder Teilschuld gegeben wurde, wie die erfahrene Gewalt bagatellisiert und das Verhalten der Täter entschuldigt wurden. Derartiges Verhalten ist eine Täter-Opfer-Umkehr, die nicht nur die Augen verschließt vor dem, was ist, sondern auch ermöglicht, dass Übergriffe weiter stattfinden können und Betroffene weiter schweigen.“
„Auch der Umgang mit bekannt gewordenen Missbrauchsfällen wirft schwerwiegende Fragen auf. Betroffene berichteten, dass sie nicht gehört wurden, den Tätern sofort vergeben mussten, vor allem aber selbst beschuldigt und geächtet wurden.“
„Über einen langen Zeitraum wurde der Schutz der Institutionen höher bewertet als der Schutz der Kinder und Jugendlichen und der Betroffenen.“
MEIN FAZIT:
Diese Umfrageergebnisse werde ich zukünftig jedenfalls allen Freikirchler:innen um die Ohren klatschen, die immer dummes Geschwätz von sich geben und Missbrauch leugnen, nur um das Image ihrer ach so lieben Freikirche zu schützen. Was mich dabei besonders wütend macht, ist der Fakt, dass geistlicher Missbrauch oft eine Vorstufe zu sexuellen oder körperlichen Gewaltformen ist. Das heißt, dass die Dunkelziffer der Betroffenen von geistlichem Missbrauch vermutlich noch wesentlich höher sein wird …
WICHTIGE LINKS:
Auswertung der Umfrage: dunkhellziffer.de
Ergänzender Artikel zur Umfrageauswertung: dunkhellziffer.de/unerhoert
Zusammenhang geistlicher & sexueller Missbrauch: uni-muenster.de/news/view.php?cmdid=13121
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